Demon’s Diary 5 (2)

Testphase – Fortsetzung

Obwohl die Stimmung bereits kurz vorm Kippen, rücklings aufschlagen und in mehrere tausend Teile zu zerbersten war, hielten die Anwesenden trotzig an ihrem Krawallkurs fest. Die Möchtegern-Aktivistin und der Hipstertyp hatten sich mittlerweile auf den Boden gesetzt. Die übrigen Drei standen unschlüssig herum und debattierten über die schlechten Bedingungen in der Grube bezüglich mobiler Kommunikation und Hilfsbereitschaft überhaupt.
„Vermutlich hat sie selbst keine Ahnung!“, hörte ich aus ihrer Mitte tuscheln. Sowie „Völlig inkompetent!“ und „Gehört gleich weggesperrt!“
Ich wünschte mit nur, dass sich Mia bald wieder blicken ließ, wenn möglich, ohne das Tablet zerstört, gelöscht oder umformatiert zu haben.
„Hören Sie, junge Dame“, ergriff plötzlich der Rentner das Wort. „Wir würden gerne mit Ihrem Vorgesetzten sprechen!“
„Ich bin nicht der Ansicht, dass der sich mit Ihnen befassen möchte.“
„Vielleicht wäre er ja interessiert an einem Beratungsvertrag zur Prozessverbesserung“, merkte wiederum der Managertyp zynisch an. „Ich hätte da so den ein oder anderen Verbesserungsvorschlag.“
„Berater was?“, gab ich schnippisch zurück. „Und wie viele Firmen sind bis jetzt so nach Ihrer Beratung pleitegegangen?“
„Wie bitte?“
„Na kommen Sie schon – es wird einen Grund geben, warum Sie hier sind und das ist doch geradezu offensichtlich.“
„Eine böswillige Unterstellung – meine Beratungen waren stets einwandfrei!“, wehrte er sich erneut. „Außerdem, was kann ich denn für die Dummheit der Anwender?“
Also doch!
„Mit der Dummheit der Anwender muss man immer rechnen!“, fuhr ich ihn an. „Eine solche Ignoranz grenzt schon an Verrat am Kunden und ich möchte Ihnen nicht sagen, welche Strafe darauf steht!“
Direkt schlug mir eine Tirade aus: „Eine Unverschämtheit“, „Sie sind ja völlig inkompetent!“, „Sie sollte man auch in irgendeinen Höllenkreis werfen!“ entgegen, gefolgt von einigen schweren Beleidigungen und Flüchen, bei denen sich der Rentner und der verkappte Berater abwechselnd überboten.
‚Unkontrollierte Zornausbrüche…‘, ging mir spontan durch den Kopf und ich winkte in Richtung der Transportteufel. Direkt steuerten zwei breitflügelige Exemplare auf die Gruppe zu.
„Kreis fünf, bitte!“ Ich wies auf den Berater sowie den erbost schnaubenden Rentner. Ein kurzes Zunicken und die Teufel griffen sich beide, um sie sodann zeternd davon zu tragen.
„Sie werden von uns hören!“, schallte es aus der Ferne, während der Rest der Gruppe kurzfristig verstummte.
„Sie haben sie tatsächlich wegbringen lassen…“, kam verhalten von dem Karohemd-Hipster.
„Was passiert denn jetzt mit den beiden“, ließ sich im Gegenzug die Möchtegernaktivistin zu einer vorsichtigen Nachfrage hinreißen.
„Die werden zum Styx gebracht, einem stinkenden Höllenstrom, in dessen schmutzigen Fluten die zornerfüllten Verdammten schwimmen und sich kloppen“, erläuterte ich lehrbuchhaft.
„Ein verschmutzter Fluss? Wie schrecklich!“
„Alternativ könnte ich euch auch zu den ‚Anstiftern‘ in die Giftgasgräben von Kreis acht packen, so aufständisch, wie ihr seid!“
Meine latente Drohung erzielte bei ihr nicht ganz die gewünschte Reaktion.
„Ihr produziert hier nicht ernsthaft Giftgas, oder?“, schimpfte sie stattdessen. „Wisst ihr, was das für die Umwelt noch in tausend Jahren bedeutet? Tote Bäume, verseuchte Gewässer, unfruchtbarer Boden…“
„Natürlich, wir achten sehr auf den Erhalt unserer charakteristischen Landschaft.“
„Und was ist mit den Tieren?“
„Tiere sind uns wichtig“, stellte ich klar. „Besonders, weil sie für viele der Strafen eine bedeutende Rolle spielen. Die Nattern zum Beispiel werden regelmäßig in die Grube für die Diebe geschmissen.“
„Das ist Tierquälerei! Ihr Heuchler!“ Sie musste mehrfach niesen, was möglicherweise mit dem vorbeiziehenden Schwefeldunst zusammenhing. Ein Griff in eine baumwollne Bauchtasche verschaffte Linderung in Form von Taschentüchern und Nasenspray.
„Heuchler? So, so…“, bemerkte ich bissig. „Wenn ich mich nicht irre, waren das gerade Papiertaschentücher, oder?“
„Und nicht unbedingt die aus Recyclingpapier“, schlug nun auch noch der Besserwisser in die Kerbe und holte seinerseits ein Stofftaschentuch aus seiner Gesäßtasche, um sich ausgiebig zu schnäuzen.
„Oh, Herr Neunmalklug – ich wette, keine Deiner Klamotten sind dafür fairtrade!“, startete sie einen Gegenangriff, dem der Hipster ein betontes „Oder vegan!“ hinzufügte.
„Ich bin mir meinen Tugenden wohl bewusst!“
„Ach ja?!“
Schmunzelnd betrachtete ich das Gezänke der Drei, nur darauf wartend, dass sich ein weiterer Zuteilungsanlass aus der langsam eskalierenden Situation ergab. Mia, die unverhofft neben mir in der Grube auftauchte, durchkreuzte jedoch meinen Plan.
„So, ich hab das Tablet jetzt halbwegs…“ Sie stockte. „He Cay, waren da eben nicht noch mehr Seelen in der Gruppe?“
„Öh… ja. Aber Zwei haben sich kurzfristig entschieden, eine Beichte abzulegen und da hab ich sie spontan zugeteilt.“
„Du hast… Hast du das denn vermerkt?“
Ich erinnerte mich dunkel, dass der Zuteilungsvorgang mit einem gewissen bürokratischen Aufwand verbunden war: Aktenvermerke etc. Nachdem ich allerdings nicht mal die Namen der beiden jüngsten Transportfälle kannte, würden diese wohl für immer als Karteileichen in Mias Ablage verschwinden. So wie die zugehörigen Seelen vermutlich längst am Grund des Styx verschwunden waren.
„Äh, da du nun zurück bist, kannst du jetzt ja weiter machen!“, lenkte ich ab und klopfte Mia auf die Schulter. „Ich hab dir auch was vorbereitet.“
Vermutlich war ihr dies Antwort genug. Belustigt musterte sie die noch immer in wildes Gezänke verstrickte Dreiergruppe. „So, so. Du willst also schon zurück an die Arbeit?“
Ich lächelte nur und schwang mich zügig in die Luft.

 

C. Holister (c) 2017

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